Auch wenn es sich fuer uns noch alles andere als real anfuehlt, heisst es nun endgueltig Abschied zu nehmen fuer Armin, Alex und mich. Diesen Sonntag um 16 Uhr startet unser Flieger in Richtung Wien, wo wir am Montag um 19 Uhr ankommen werden. Damit umzugehen, bedeutet jede Menge an Stress - aber eine noch viel groessere Portion an Verwirrung und Ungewissheit..
Aufgrund eines Streiks der Landwirte an der Grenze zwischen Kolumbien und Ecuador, kamen wir mit einer zweitaegigen Verspaetung vom Urlaub in Kolumbien
dienstagnachts in Ambato an. Die zwei Tage, die uns dadurch in Ambato fehlten, waren mehr als nur spuerbar. Alles, was wir in dieser letzten Woche zu organisieren hatten, mussten wir nun auf nur
noch vier Tage eingrenzen.
Am Mittwoch sperrte ich meine Schluessel im Zimmer ein, sodass ich nicht mehr reinkam, ging zur Post, ohne das benoetigte Dokument mitzuhaben und war den ganzen Tag
mit den Gedanken in einer anderen Welt.
Es ist schon ein komisches Gefuehl. Schon, als wir in der kolumbianischen Hauptstadt Bogota in den Flieger einstiegen, hatte ich das Gefuehl, heimzufliegen, heim
nach Ecuador. Dieses wunderschoene kleine Land wurde in diesem Jahr zu mehr als nur meiner zweiten Heimat. Die Fundacion Don Bosco hat es geschafft, dass ich mich hier so heimisch fuehle, dass
Oesterreich schon fast zu einem fremden Land fuer mich wurde.
Oesterreich hingegen scheint im Moment so wie ein weit entferntes Paradies, das ich nur noch aus wagen Erinnerungen kenne. Diese Ungewissheit macht die Heimreise
aber nur spannender. Wie bei einer Reise in ein Land, von dem viel gehoert hat, viele Fotos gesehen hat, aber wo man noch nie war, frage ich mich nun, inwiefern die Realitaet meine Erinnerungen
bestaetigt.
Dieser Zwiespalt, in dem ich nun stecke, naehrt nun also meine Verwirrung, Ungewissheit, Trauer, aber auch meine positive Anspannung und Vorfreude, die ich auch vor
der Reise hierher hattte. Endlich werde ich meine Familie wieder sehen koennen, ohne in einen pixeligen Bildschirm schauen und stockende Toene hoeren zu muessen. Endlich meine Freunde wiedersehen
und mit ihnen bis zum Morgengrauen feiern, Verwandtschaftsfeiern erleben, oberoesterreichischen Dialekt reden, Schifahren, Leberkassemmerl essen, und und und..
Der langen Rede kurzer Sinn gibt es doch eine Menge, die ich in diesem Jahr vermisst habe und daher zieht es mich schon sehr nach Oberoesterreich.
Lasst es mich folgendermassen beschreiben:
Wenn Ecuador und Oesterreich zwei Magneten waehren, die mich versuchen anzuziehen, wuerde ich irgendwo ueber dem Atlantik in der Luft haengen und nicht mehr
weiterkommen.
Ich sitze nun hier im "winterlichen" (15-20 Grad Hoechstwerte) Ambato und bin hochzufrieden ueber meinen Einsatz. Auch wenn man nicht sofort eine Veraenderung merkt,
hat man doch das Gefuehl, einer Menge an Kindern weitergeholfen zu haben, und dies ganz ohne jeglichen paedagogischen Erfahrung. Eines der vielen Dinge, die ich in diesem Jahr gelernt habe, ist,
dass das beste Mittel Kindern weiterzuhelfen, keine Terapien oder komplizierten psychologischen oder paedagogischen Mittel sind, sondern einfach nur, da zu sein, Zeit mit ihnen zu verbringen, mit
ihnen zu sprechen, zu spielen, Vorbild zu sein und ihnen das Gefuehl zu geben, dass sie einem wichtig sind. Dazu braucht man keine Ausbildung, sondern Herz, Leidenschaft, Verstaendnis und
Geduld.
Die Kinder sind mit Abstand das, was ich am meisten an diesem Land vermissen werde. Auch wenn sie alles andere als leichte Kinder waren, haben sie es mit ihrer
unbekuemmerten Offenheit schnell in unsere Herzen geschafft. Und wenn man einmal ein Jahr lang mit ihnen zusammenlebt, lernt man sie in- auswendig kennen, kennt jede psychische Wunde, jede
Phobie, jedes Talent, kurz alle Staerken und Schwaechen jedes Einzelnen.
Ich fuehle mich doch ein wenig wie ein temporaerer Ersatzvater, der seine Kinder nun wieder weitergegeben muss. Das macht das Ganze nicht leichter.
Die Zeit ist nun tatsaechlich wie im Flug vergangen und ich blicke auf ein Jahr voller Hoehen und Tiefen zurueck, das sich nun doch als abgeschlossen anfuehlt. Auch
mein Blog nimmt dadurch mit diesem Eintrag sein Ende. Ich moechte auf diesem Wege allen meinen Lesern danken, dass sie mich auf diese Weise unterstuetzt haben, Beitraege kommentiert und
Gaestebucheintraege erstellt und mir somit das Gefuehl gegeben haben, Aufmerksamkeit fuer meinen Einsatz und viel mehr fuer die hilfsbeduerftigen Kids zu bekommen. Ausserdem moechte ich allen
Spendern danken, die einen grossen Teil dazu beigetragen haben, dieses Jahr mit Freizeitaktionen, die vom harten Alltag ablenken, abrunden zu koennen. Jeder Cent zaehlt.
Danke fuer meine Familie, dass ihr immer fuer mich da wart, als ich etwas brauchte und immer wieder den Kontakt mit mir gesucht habt, wenn ich wieder einmal laenger
nichts von mir hoeren liess.
Und schliesslich danke an meine Freunde, dass ihr mir immer das Gefuehl gegeben habt, dass ich zu Hause abgehe, was mich vor allem in schwierigen Zeiten wissen
liess, dass ich nie allein war.
This is it!
Ein grosses "GRACIAS" also fuer diese permanente Unterstuetzung!
Freue mich auf euch!
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Laura (Samstag, 31 August 2013 11:01)
hallo Bruderherz!
Ich freue mich schon RIESIG auf dich!
Viele, viele Bussi von zuhause, in 2 Tagen sehe ich dich endlich wieder. Da ich ja noch zu klein zum selber schreiben bin, hat das die Mama für mich gemacht!
Gstöttner-Hofer Gerhard und Petra (Samstag, 31 August 2013 21:45)
Das ist sehr bewegend, Manuel, wie du da deinen Abschied beschreibst. Man kann als Leser/in nur erahnen, was da so an Emotionen und "Verwirrung und Ungewissheiten" in Bewegung kommen. Wir denken, du darfst und du sollst dein Leben lang mit Stolz und Zufriedenheit auf dieses Jahr zurückblicken, das du den Kindern in Ecuador geschenkt hast. Wir freuen uns auch auf ein Widersehen und die Gelegenheit von deinen Eindrücken mehr zu erfahren. Liebe Grüße! Gerhard und Petra
P.S. David und Benjamin freuen sich auch schon sehr auf dich!